"Nach dem Hunde-Besuch wird bei uns mehr gefragt, als nach dem Friseur", stellt die Pflegedienstleiterin des im Edi-Wohnpark gelegenen Avendi-Pflegezentrums, Uta Krüger, fest. Im 14-tägigen Rhythmus kommen einige Bewohner des Heims im positiven Sinne "auf den Hund". Dann nämlich besuchen Ayla und Diana zusammen mit ihrer Besitzerin Heidrun Osietzki die Einrichtung. Die "Therapeuten" auf vier Pfoten sorgen für "tierisch" viel Spaß und Abwechslung im Heimalltag.
"Keine Sorge, wenn die beißen würden, dann wären wir nicht hier", beruhigte Heidrun Osietzki eine Bewohnerin. Diese zuckte zunächst zurück, als Diana auf sie zuging. Vorsichtig nimmt die Hündin ein Stückchen Fleischwurst aus der Hand der Frau und lockt sie damit aus der Reserve. Einige der Bewohner, die sich im Kreis versammelten, haben früher selbst Hunde besessen.
"War ihr Bernhardiner auch so verfressen wie die beiden?", fragte Osietzki einen blinden Heiminsassen, der Hunde über alles liebt. Die Tiere schmiegen sich an den Mann an, und der lebt sichtlich auf. Das Gleiche gilt für eine Bewohnerin, die sonst kaum spricht. "Ach Gott wie lieb", ruft sie begeistert und klatscht in die Hände, als ihr Ayla den Kopf in den Schoß legt. Die Hündin wolle gekrault werden, hinter den Ohren sei es für sie am schönsten, riet Aylas Frauchen. Die Hand im zarten Fell löst Wohlbehagen auf beiden Seiten aus.
Zwischendurch führen die Hunde unter Anweisung Intelligenzspiele durch, indem sie kleine Boxen und Schubladen öffnen. Zur Belohnung gibt es die erschnüffelten Leckerli. "Ehrlich gesagt habe ich schon versucht, ihnen beizubringen die Schubladen auch wieder zu schließen, aber das funktionierte nicht", erzählt Heidrun Osietzki.
Die engagierte Mannheimerin mit dem großen Herz für Menschen und Tiere ist Vorsitzende der deutschen Schäferhunde-Nothilfe. Die Organisation kümmert sich um Schäferhunde und Schäferhunde-Mischlinge aus schlechter Haltung und geht entsprechenden Hinweisen nach. Diana und Ayla sind selbst zwei solcher Notfälle, die bei Heidrun Osietzki eine dauerhafte Bleibe gefunden haben. "Diana, eine reinrassige Schäferhündin, stammt aus einem Zwinger und wog nur noch 20 Kilogramm. Inzwischen hat sie ihr Gewicht immerhin verdoppelt.
Spezielle Ausbildung
Ayla wiederum, die zur artverwandten Gattung der Westerwälder Kuhhunde zählt, "wurde in einem Hasenkäfig gehalten, konnte nicht aufstehen und hatte Liegeschwielen am ganzen Körper", erzählt ihre neue Besitzerin. Trotz ihrer schlechten Erfahrungen seien die Vierbeiner nicht nachtragend. "Hunde leben im Hier und Jetzt", ist Osietzki überzeugt. Klar, dass die Tiere auf ihre Aufgabe im Umgang mit alten und gebrechlichen Menschen vorbereitet wurden. Eine Trainerin der Initiative "Tiere helfen Menschen", sorgte für ihre Ausbildung.
Es sei eine Mitarbeiterin gewesen, die die Idee von Tierbesuchen mit nach Edingen gebracht habe, erklärt Pflegedienstleiterin Uta Krüger. Heidrun Osietzki engagiert sich nämlich bereits in zwei Mannheimer Einrichtungen der Avendi-Gruppe - ehrenamtlich versteht sich. Der enge Kontakt zwischen Mensch und Tier sei natürlich nur dann möglich, wenn die hygienischen Richtlinien eingehalten würden und die Tiere nachweislich gesund seien, so Krüger weiter.
"Es ist immer wieder erstaunlich, wie die Tiere bei den Bewohnern Ressourcen wecken, die wir auch in unsere Arbeit mit einbeziehen können", erklärt Ergotherapeutin Valerie Eschenbacher.
© Mannheimer Morgen, Samstag, 02.06.2012 - Hannelore Schäfer